Uphof Geschichte

Der Uphof:
Ein mittelalterlicher Meierhof


Der Uphof wird bereits 1345 in einer lateinischen Urkunde als „curtis Uphof to Belsnen in parochia Julenbecke" erwähnt, als „Meierhof Uphof zu Belsen in der Pfarrei Jöllenbeck". Er ist aber sicher weit älter. Nachdem das alte Sachsen – so nannte man im Frühmittelalter das heutige Westfalen und Niedersachsen – Ende des 8. Jahrhunderts von den Franken unter Karl dem Großen erobert und christianisiert worden war, entstanden auch hier Grundherrschaften nach fränkischem Vorbild.



Außerhalb der bestehenden Siedlungen legten weltliche und geistliche Grundherren Gutshöfe an, die sich durch einen geschlossenen Grundbesitz auszeichneten. Bewirtschaftet wurden sie durch das Hofgesinde und abhängige Bauern, die Hand- und Spanndienste auf dem Gutshof leisten mussten. Der Verwalter eines solchen Gutshofes wurde lateinisch „villicus" genannt bzw. volkssprachlich „Meier" oder (im westlichen Westfalen) „Schulte". Das Wort „Meier" leitet sich von lateinisch „maior", „der Ältere, Größere" ab.
Ab dem späten 12. Jahrhundert änderten sich die wirtschaftlichen Verhältnisse in Westfalen grundlegend: Es entstand ein dichtes Netz von Städten mit Markt- und Handelsrechten. Die Grundherren konnten nunmehr Überschüsse aus ihrer Grundherrschaft verkaufen und das, was sie für die eigene Haushaltung benötigten, auf Märkten und bei Händlern kaufen. Sie verloren das Interesse an eigenen Gutshöfen und übergaben sie den Verwaltern in Erbpacht. Die Meier- und Schultenhöfe wurden damit zu abgabepflichtigen bäuerlichen Anwesen.



Ein Hof des Stiftes Schildesche


Der Uphof war ursprünglich ein Gutshof des Damenstiftes Schildesche, das im Jahre 939 von einer adligen Witwe gegründet worden war. Im 13. oder spätestens 14. Jahrhundert ging der Hof in den erblichen Besitz der Meierfamilie über. Die Upmeier mussten noch bis in die napoleonische Zeit Pachtkorn an das Stift entrichten – jährlich je 3 Molt bzw. 36 Scheffel Roggen und Hafer. 1810 wurde das Stift aber aufgelöst und alle grundherrlichen Rechte fielen an den Staat, zunächst an das kurzlebige, von Napoleon gegründete Königreich Westphalen, dann ab 1813 an das Königreich Preußen. 1858 konnte der damalige Hofbesitzer Johann Friedrich Grafarend genannt Upmeier die alten grundherrlichen Lasten gegen eine einmalige Zahlung an den preußischen Fiskus ablösen.



Was waren „Sattelmeier"?


In Dokumenten des 17. und 18. Jahrhunderts werden die Upmeier zu Belzen als „Sattelmeier" bezeichnet. Die Sattelmeier sind eine Besonderheit des Ravensberger Landes, genauer gesagt, des früheren Amtes Sparrenberg, das von der Bielefelder Sparrenburg aus verwaltet wurde. Die Sattelmeier waren Besitzer großer und wohlhabender Höfe, die dem Landesherrn auf Anforderung ein gesatteltes Pferd und einen bewaffneten Reiter zu stellen hatten. Der Landesherr, das war zunächst der Herzog von Jülich-Kleve-Berg in Düsseldorf, ab 1609 dann der Kurfürst von Brandenburg bzw. später der König von Preußen. Bereits im ersten Verzeichnis der Sattelmeier im Amt Sparrenberg von 1590 wird der Hof Upmeier genannt. Die Dienstpflicht bestand nicht lange, 1739 wurde sie bereits gegen eine Geldzahlung abgeschafft. Doch die Sattelmeier genossen weiterhin besonderes Ansehen und in Enger spann sich eine Sage um die Sattelmeier, wonach sie Nachkommen der Gefolgsleute Widukinds, des sächsischen Gegenspielers Karls des Großen sein sollen.



Der Uphof und die Familie Upmeier


Spätestens im 14. Jahrhundert ging der Uphof in den erblichen Besitz der Meierfamilie über. 1418 wird ein „Meiger to dem Uphove to Belsen" erwähnt, 1556 „Heinrich Upmeier tho Beltzem". Die Schreibweise wandelte sich im Laufe der Jahrhunderte, bis sich schließlich die heutige Schreibweise „Upmeier zu Belzen" verfestigte. Aber warum heißt der Uphof eigentlich „Uphof"? Niederdeutsch „up" heißt „auf" und bezog sich auf die Lage des Hofes. Der Uphof lag etwas höher als sein früherer Nachbar, der Hof Belzmeier. Dieser wiederum wurde auch als „Nedderhoff", als „niederer Hof" bezeichnet, weil er niedriger lag als der Uphof. Der Hof Belzmeier ging später in Konkurs und wurde 1836 zerteilt. Ein Großteil der Ländereien konnte Upmeier erwerben.
Ab 1676 lässt sich die Stammfolge der Upmeier anhand der Kirchenbücher von Jöllenbeck lückenlos verfolgen. Im späten 18. und im 19. Jahrhundert wurde der Hof in drei aufeinanderfolgenden Generationen in weiblicher Erbfolge vererbt. Nach westfälischer Tradition nahmen die aufheiratenden Männer den Hofnamen an. Etwas ganz besonderes ist, dass bereits 1863 Louise Upmeier (1831-1910) eine handschriftliche Hofchronik verfasste.





Ihren Vater Johann Friedrich Peppmeier genannt Upmeier (1768-1830) schildert sie als einen „der angesehensten Männer der Grafschaft Ravensberg; auch körperlich war er vielleicht der schönste Mann der Umgebung, von hoher stattlicher Figur mit dunkelblondem Haar und dunklen feurigen Augen". Er soll stets einfach gekleidet und freigiebig gegenüber den Armen gewesen sein.

Das Haupthaus von 1791/99
und die Nebengebäude


Johann Friedrich Peppmeier genannt Upmeier ließ auch 1791/99 das Haupthaus des Uphofes erbauen, dessen Deele heute für Feiern genutzt werden kann. Der stattliche Fachwerkbau, dessen Toranlage mit reichen Zierschnitzereien versehen wurden, darunter ein sogenannter Franzosenkopf und zwei Engel mit Trompeten, ist eines der bekanntesten alten Bauernhäuser Ostwestfalens.



Das rechts anschließende kleinere Dielenhaus wurde 1863 von der bereits genannten Louise Upmeier angebaut; er diente als Kuhstall. Unter ihrem Sohn Gustav Upmeier (1866-1919) erhielt das Haupthaus 1907 einen weiteren Anbau, der sich mit seinem Mansarddach und Eckturm an bürgerlichen Wohnbauten orientierte. Er ließ auch die Fachwerkscheune von 1840 erweitern und 1900/1903 einen neuen Schweinestall und die Bansenscheune errichten. Dieses historische Gebäudeensemble prägt die heutige Hofanlage. Von den zehn Upmeierschen Heuerlingshäusern, die abseits der Anlage in der Feldmark standen, sind bis heute der „Kampkotten" von 1777 und der „Belzkotten" von 1840 erhalten geblieben.

Im Geiste der Erweckung:
Die Armen- und Waisenhausstiftung


Seit dem frühen 19. Jahrhundert fand eine neue evangelische Frömmigkeitsbewegung Zulauf im Ravensberger Land, die „Erweckung". Typisch für diese Bewegung waren die privaten Hausandachten, die „Konventikel". Die Amtskirche stand der Erweckung zunächst ablehnend gegenüber. Es waren vor allem die Kleinbauern und Textilarbeiter, die sich der Erweckung anschlossen. Die Upmeiers gehörten ab ca. 1830 zu den ersten Großbauern, die sich zur Erweckung bekannten und durch ihren Einfluss erhielt die Kirchengemeinde 1838 mit Johann Heinrich Volkening einen Pastor, der sich ebenfalls dieser Bewegung zugehörig fühlte. Den Bau der neuen Marienkirche 1852-54 förderte die Familie durch Stiftungen von Geld und Kirchengerät.



Ganz im Geiste der Erweckung war die Gründung diakonischer Einrichtungen, die sich der Armen und Kranken annehmen sollten. Als der einzige männliche Hoferbe Heinrich Upmeier 1856 im Alter von 22 Jahren unheilbar an Tuberkulose erkrankte, stiftete er kurz vor seinem Tod 900 Taler zur Gründung eines Kranken- und Waisenhauses, das dem Jöllenbecker Presbyterium unterstehen sollte. Seine Schwester Louise Upmeier sorgte in den folgenden Jahren tatkräftig an der Seite Pastor Volkenings dafür, dass dieser Wunsch auch umgesetzt wurde, und stiftete weitere 1000 Taler.



Das Armen- und Waisenhaus konnte bereits 1863 seine Arbeit aufnehmen, vier Jahre vor den Bodelschwinghschen Anstalten in Bethel. Die Stiftung bestand mit unterschiedlichen Nutzungen bis 1986, dann verkaufte die Kirchengemeinde das Gebäude und baute ein neues Altenzentrum an der Sogemeierstraße, das die Tradition der Stiftung fortführt.



Um 1900:
Patriotismus und Kaisertreue


Der Hofbesitzer Gustav Upmeier verehrte Kaiser Wilhelm II. und dessen Gemahlin Auguste Viktoria und führte 1897 bei einem Besuch des Herrscherpaares in Bielefeld die kaiserliche Reitereskorte an. 1909 durfte Jöllenbeck die Feierlichkeiten zur 300jährigen Zugehörigkeit Ravenbergs zu Brandenburg-Preußen durchführen, die sogenannte „Grafschaftsfeier". Gustav Upmeier gehörte zu den Organisatioren der Feiern, deren Höhepunkt der Festzug von historischen Kostümgruppen von Jöllenbeck zum Uphof sowie die elektrische Abendbeleuchtung des Festplatzes beim Uphof war.





Die „Grafschaftsfeier" ist in zahlreichen Postkarten dokumentiert. Eine Folge der Feierlichkeiten war auch die Gründung des noch heute existierenden „Ravensberger Zucht-, Reit- und Fahrvereins Jöllenbeck", die wiederum auf eine Initiative Gustav Upmeiers zurückging. Gustav Upmeier war Bürgermeister von Niederjöllenbeck und Mitglied im Kreisausschuß des Landkreises Bielefeld.



Strukturwandel auf dem Lande


Gustav Upmeiers Sohn Wilhelm Upmeier (1902-1960) und seine Frau Margarete geb. Rauschenbusch (1909-1998) übernahmen den Hof 1934. Dem NS-Regime standen sie als Anhänger der Bekennenden Kirche ablehnend gegenüber. In der Nachkriegszeit erlebten sie den Beginn des tiefgreifenden Strukturwandels in der Landwirtschaft, der Mechanisierung, Rationalisierung und Spezialisierung mit sich brachte. Zwar wurde noch im Krieg 1942 der erste Schlepper, ein 25 PS starker Lanz Bulldog angeschafft, doch insgesamt setzte das Ehepaar weiterhin mehr auf eine große Mitarbeiterschaft als auf Mechanisierung.





Die folgende Generation, Herbert Upmeier (1935-2009) und seine Frau Gisela geb. Poth (* 1936), musste sich dann ab 1961 umso stärker der neuen Zeit stellen. Der Betrieb wurde umstrukturiert und die Zahl der Mitarbeiter musste drastisch verkleinert werden. Auch die Gebäude mussten den neuen Bedürfnissen angepasst werden, wobei das Ehepaar Upmeier sich sehr um den Erhalt der historischen Bausubstanz bemühte.





Herbert Upmeier verwaltete 25 Jahre lang als Kirchmeister der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Jöllenbeck die Finanzen und den Grundbesitz der Gemeinde und war Mitglied im Kreisynodalvorstand. Gisela Upmeier engagierte sich kommunalpolitisch für die "Bürgergemeinschaft für Bielefeld" in der Bezirksvertretung Jöllenbeck, im Rat der Stadt Bielefeld und in mehreren Ausschüssen. Beide wehrten sich 23 Jahre lang vehement und letztlich erfolgreich gegen die in unmittelbarer Nachbarschaft des Uphofs geplante Großdeponie Laar mit nach damaliger Konzeption 57 Hektar Fläche, 5,7 Millionen Kubikmeter Sondermüll und einer Traglufthalle von geplant 30 Meter Höhe. Die Verwirklichung dieses Vorhabens hätte das Ende des Hofes bedeutet. 



Bernd Upmeier übernahm nach dem Studium der Land- und Betriebswirtschaft (in Deutschland und den USA) den elterlichen Hof zunächst 1991 in Pacht und ab 1998 als Eigentümer.



1995, im Jahr der 650-Jahr-Feier des Uphofs, heiratete er die Fleischermeisterin Ute geb. Ossowitzki. Der Uphof präsentiert sich heute (2013) unter ihrer Leitung als moderner landwirtschaftlicher Betrieb mit zwei Biogasanlagen (die gemeinsam mit Henning Upmeier betrieben werden), Partyservice und Deelenvermietung.

Text: Roland Linde (Stand: 03/2016)

Literatur: Gisela Upmeier zu Belzen (Hrg.):

Upmeier zu Belzen. Geschichte eines ravensbergischen Sattelmeierhofes.

Mit Beiträgen von Roland Linde, Lutz Vollmer und Herbert Upmeier zu Belzen.
Lage 2010. ISBN: 978-3-89918-029-9

Download Hofgeschichte / Grafschaftsfeier auf dem Uphof 1909 Seitenanfang